Pilze & Pflanzen

Daedalos II

Posted on Wednesday, April 22nd, 2009 by tritus

Es bagab sich nämlich, dass Europa die schöne von Zeus dem herrlichen vefrührt wurde, als dieser in der Gestalt eines überaus eindrucksvollen weißen Stieres aus dem Wasser stieg und sofort zutraulich wurde.
Nun gab es sicher viele Frauen, die Europa beneideten, obwohl es nach der Überlieferung ebensoviele gab, die diesen Neid nicht teilten, denn Zeus war überaus vielseitig und begabt.
Vor allem aber neidete die Frau des Minos unsere überrumpelte Europa, und weil diese aber Zeus nicht für begehrlich achtete, gab sie sich voller ungestillter Gier einem gewöhnlichen Stier zur Liebe hin und erlitt grauenvolle Momente – verlor dabei nicht nur die Sinne sondern auch den Verstand. Die Götter waren darüber sehr erschüttert und hielten den Rat, was weiter geschehen sollte.

Nun gut, diese Geschichte soll nicht von der eigentlichen Erzählung ablenken, welche nicht von Kreta oder dem Minotaurus handelt, sondern allein von dem Mathematiker Daedalos und seinem geistreichen Schüler Ikaros, der gleichfalls des Erfinders einziger Sohn war.

Und Ikaros war ein hervorragender Schüler, er lernte überaus schnell und fand für alle noch so schwierigen Aufgaben eine vernünftige Lösung. Ja er war begeistert von des Vaters Fach und saß ganze Nächte über lustigen Zahlenspielchen, kniffligen Gleichungen und scheinbar unlösbaren Aufgaben. Alles konnte er meistern, und der Vater war überaus stolz auf seinen Sohn.
Eines Morgens aber, als Daedalos lange schlief, es war ein wunderschöner und sonniger Morgen, die Wellen tosten sanft gegen die schroffen Klippen der Insel Kreta, und das Meer war klar wie ein reiner Türkis. Der Himmel strahlte so blau, als könne er sich selbst vergessen und die Vögel kreisten über der Festung des Minos wie ein Schwarm Tauben, die gerade nach Hause gefunden hatten. Es schien sogar, als würden die Fische tanzen.

Es war ein wundervoller Morgen, und Kreta schien der geeignete Ort für das Paradies auf Erden.

Doch für Vater und Sohn, konnte dieser Schein trügen, ja Ikaros bemerkte nichteinmal die Klarheit des heraufkommenden Tages, denn er war voller Aufregung, und noch bevor die Sonne ihre Glut über dem östlichen Horizont mit ihren Rosenfingern verteilt hatte, weckte der eifrige Schüler seinen Vater und erklärte ihm hektisch und mit zitternder Stimme, was Zeus ihm in der Nacht offenbart hatte.

Meister, sprach er zu seinem Vater wach auf, du wirst nicht glauben, was ich in der Nacht entdecken musste, es ist revolutionär, es ist unfassbar, ich bin voller Entsetzen!
Sieh nur, ich habe einfache Zahlenquadrate gelöst, und dabei wurde mir langweilig, dann habe ich es mit Quadraten aus Primzahlen versucht und brachte damit die Zeit herum, bis der Mond dort über den Türmen der Festung unterging. Es war eine herrlich sternklare Nacht, ich sah all die Gestirne über unseren Köpfen Tanzen, und die Nacht war so hell, wie schon lange nichtmehr. Ich sah den hellen Jupiter dort oben im Zenit und betrachtete sein gelbliches Glitzern. Da beschloss ich wach zu bleiben und das Meer anzusehen und zu warten ob nicht vielleicht auch Merkurs leuchtende Blicke über dem Horizont kurz heraufkamen, und ich löste dabei einige Gelichungen.

Was willst Du, sprach da gereizt der noch schläfrige Vater, warum musst Du mich wecken und meine überaus nektarreichen Träume stören?
Verzeih Vater, es ist, ja – es ist nicht einfach darüber so mir nichts Dir nichts zu reden. Komm, steh auf und geh einmal Baden, es ist ein herrlicher Morgen, und dann komm dort herauf, Ikaros zeigte mit dem Finger auf eine einsame Klippe, ich werde Dich dort erwarten und Dir alles erzählen.
Als der Erfinder und Mathematiker Daedalos das hörte, machte er sich auf den Morgen zu betrachten, und schon kitzelte die Sonne seine Nase und Daedalos bekam eine unbändige Lust im kristallklaren Wasser des Meeres zu baden.

Als er wieder hervorkam aus Poseidons und seiner Töchter Umarmung setzte der Vater sich zu seinem Sohne und hörte alles, was jener auf dem Herzen hatte zu erzählen.
Den Vater Packte entsetzen, den Meister überkamen Angst und Wut, der Erfinder aber musste leise und unscheinbar lachen.
Es waren entsetzliche Wahrheiten, die Daedalos hörte, und er fasste dabei einen grausamen Entschluss.
Ikaros berichtete ohne Umschweife, dass er ein unlösbares Problem in der Mathematik gefunden habe, denn er habe einige Zahlen berechnet, zu denen er nach etlichen Stunden keine Lösung gefunden habe, und als er die Logik heranzog und den Beweis führte, entdeckte er das es niemals eine Lösung für diese Frage geben könne, selbst dann nicht, wenn er mit allen Kräften für den Rest seines Lebens unermüdlich weiterrechne.

Ikaros berechnete zuerst die Quadrate, doch später suchte er einen Weg die Stammzahlen der Quadrate zu finden. Dann wollte er auch von anderen Zahlen die Stammzahlen erfahren, von denen er nicht wusste, ob sie Quadrate waren, und er fand diese. Es waren oft sehr komplizierte Werte mit vielen Stellen hinter dem Komma, doch ließen sie sich alle eindeutig berechnen.

Dann aber versuchte Ikaros dieses mit Primzahlen, obwohl er doch wusste, dass Primzahlen niemals Quadrate würden sein können, und doch ließen sie sich mit denselben seiner mathematischen Kenntnisse berechnen, und er fand kein Ende.
Ikaros saß für den Rest der Nacht bis zum Morgen ohne noch ein einziges Mal in den Himmel zu schauen und starrte wie König Minos auf seinen Stierköpfigen Sohn voller entsetzen.

Daedalos wusste, was das bedeutete, und erklärte Ikaros, dass es an der Zeit sei von Kreta zu fliehen. Die Festung und das Labyrinth seien fertiggestellt, erklärte er, auch sei der Sohn Minotaurus gerade gebohren, und Minos würde sicherlich den Erfinder töten, weil außer ihm keiner das Geheimnis kennt und niemand davon erfahren sollte.

Daedalos hatte Recht, König Minos hatte begonnen nach dem Erfinder zu suchen, als beide beflügelt mit mächtigen Schwingen gerade über Poseidons Meerbusen waren und davonschwebten mit dem Wind. Doch der Vater hatte die Schwingen des Ikaros aus Bienenwachs gefertigt, seine eigenen aber mit Teer verklebt, sodass die Sonne mit ihren glühenden Zungen an den weichen Wachsen schon leckte und die Federn langsam vom Fluggerät löste.

Ja Daedalos schwang sich noch weiter hinauf und er ermutigte doch seinen Besten Schüler ihm bis in die Höhen zu folgen, doch ach schien die Sonne so heiß über dem Meere, dass die Schwingen des Jungen Ikaros gänzlich zerflossen, und die Federn lösten sich, und Ikaros verlor den Halt und stürzte ins tosende Wasser der salzigen Brandung, und zwischen felsigen Klippen und Poseidons mächtigem Brausen gingen ihm all seine Sinne verloren.

Daedalos erreichte die rettenden Ufer und hüllte sich in Asche und Leinen, auch mochte er von nun an nie wieder Daedalos heißen, denn er mochte von nun an nie wieder fröhlich sein.

Das ist die wahre Geschichte von Ikaros und Daedalos, den Minotaurus fand später unser Held Herkules und holte sich dessen Kopf, weil das Monstrum jedes Jahr angeblich eine Jungfrau verspeiste. Es ist nicht nötig solchen Geschichten zu glauben, aber achtet darauf, dass viele Erzähler ein überaus wichtiges Detail einfach vergessen.