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Blaue Rosen 3

Posted on Monday, April 12th, 2004 by tritus

Nebenan war es bemerkenswert still. Ich hatte große Angst, sie könnte gerade gegangen sein, als ich für einen Moment unaufmerksam gewesen bin, verhielt mich ruhig und wartete. Das Gegackere aus dem Waschraum fraß an meinen Nerven. Ich hatte das Gefühl ich müsse den Rest des Abends in diesem Gefängnis sitzen, während sie schon überall sein konnte. Das hatte sie großartig eingefädelt. Es war ein ständiges Kommen und gehen. Ich starrte an die Wand, viel zu sehen gabs da nicht. Ab und zu rüttelte jemand an der Tür. Ich zitterte, verhielt mich still. Es rüttelte auch an der Nachbartür. Das war doch seltsam. Endlich waren wir wieder allein, dachte ich und wagte den Blick auf den Boden. Gerade wollte ich von der Toilette runterklettern, als ich bemerkte, wie sich eine Wasserlache von drüben her ausbreitete. Es war still. Ich überwand alle Hemmung und schaute über die Trennwand hinweg. Ich schaute, ich schaute, ich sank zusammen. Als ich wieder zu mir kam saß ich da, die Hände hielten den Kopf an den Haaren, mein Gesicht war nass, ich konnte kaum atmen. Es konnte eine Sekunde vergangen sein. Ich sprang auf, riß mir die Tür entgegen und trat die andere ein. Ich hätte von etwas ähnichem keine Vorstellung gehabt. Sie war noch warm, blau, blutunterlaufen, nass. Als ich sie noch von oben sah, sah sie fast schön aus, ihre Haare lagen glatt über dem Kopf, zogen sie hinab, schwebten leicht in der friedlichen See. Der Scheitel lief ihr über den Hals, das Wasser über den Boden. Ihr Rücken war krumm, wie der einer Katze. Ihr Rock war verrutscht. Zwischen ihren Schenkeln ragte die weiße Schüssel hervor, die sie verschlang. Es roch nach Galle. Langsam zogen sich die langen Haare einen Abfluss herauf, den ich durch die Hände auf jeden Zentimeter zu erfühlen glaubte. Erst ging es schwehr, dann immer leichter. Es war wie der Schnee auf einem Blatt. Dann krachend, dumpfer Schäden, klatschend, nasses Haar, lag sie vor mir und starrte mich an. Sie schlief, ich berührte sie nicht. Ein letztes Licht. Wie schön sie da lag in ihren blutigen Tränen, barfuß, in ihrem besten Kleid, wunderbar gestiled Ein seeliger Tod entschuldigt das Leben. Greife nach einem seeligen Tod. Leb wohl im seeligen Paradies. Laufe über die grüne Wiese, Barfuß, in feuchtem Gras. Sonne lacht mir ins Gesicht, ein bunter Bergbach singt sein fröhlichstes Lied. Blaue Wolken, wir schweben über weiches Gras. Der blaue Mann erscheint und führt mich in den Wald. Dunkel, schwarz. Der dicke Mann spricht blau: Ein Mörder! Suche den Mörder! Frau getötet. Frau getötet. Suche den Mörder! Ich suche im flachen Gras und suche und wühle, reiße und buddle. Grabe mich ein. Wo ist der Mörder? Tief im Loch, ich habe lange gegraben, gesucht nach einem geheimen Schatz. Ein Mensch. Wer sind Sie? Ich bin ein Mörder. Mörder! Ich rutsche und falle flach in den Schlamm. Mörder! Er ist weg. Heißer Atem reißt mich auf ein Bein, ich renne, ich schreie. Mörder! Stürze ins Loch. Alles dröhnt, die Erde schweigt. Splitter und Steine, ein Beben. Der Himmel schreit gewaltigen Donner, die Nacht will niemals noch ruhen. Ich, viele Menschen. Sie sitzen, sie liegen, sie knien. Ich suche den Mörder. Hat jemand den Mörder gesehen? Schweigen. Ich renne, renne den Graben entlang, Schlamm fegt über die Köpfe, Köpfe über den Schlamm. Sanftes Grün fließt über die Erde. Mir wird so anders, ich muss mich knien, kann nicht mehr stehen. Pfeifen, ein Pfeifen, ein leiser Ruf. Leise krampft sich mein Hals in den Schlamm. Mörder! Mörder! Smith hört sich schreien. Mörder! Er hebt den Kompf öffnet sie Augen, draußen wird es langsam hell. Der Morgen war kalt und hoffnungslos grau. Mörder. Smith saß zitternd wie ein kleiner Riese in seinem Sessel und starrte auf den Tisch vor ihm. Mörder. Es war ein klarer, kalter Morgen. Der Schreibtisch war leer, der Kopf schwehr und ausgeräumt. Verkrampft, wie ein Zwerg saß er in seinem Sessel und versuchte die Nacht zu verbannen, aus seinen Knochen, aber sie wollte nicht gehen. Nur langsam konnte er sich bewegen und einen Kaffe kochen, und wie er sich an die Hitze seiner Tasse klammerte, fror er noch mehr. Langsam wachte er auf, machte ein paar sportliche Bewegungen, lief im Zimmer auf und ab, konntrollierte Unterlagen, schaute auf die Uhr und machte sich auf den Weg in die Pathologie.