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die stimme der liebe

Posted on Monday, November 12th, 2018 by TriTuS

in der romantischen schrift fand ich eines tages das rekonstruierte fragment eines prof.dr. zillerthaler mit einer polemik über den menschen und seiner natürlichen angst vor dem leben.

sehr aussagekräftig war dieser text nicht, und dem herausgeber zufolge beschränken sich die originalmotive nur auf diesen einen satz:

“der mensch und seine natürliche angst vor dem leben..”

das fragment habe der herausgeber des textes in einem ofen gefunden in form von unvollständig verbrannten manuscripten, die er selbst so gut es ging heißt es versuchte zu ordnen und zu vervollständigen.

dennoch ließ mir dieser komische und offensichtiche müll geistiger umnachtung keine ruhe, und ich musste sehr lange nichtmal über den text selbst, in dem es heißt der mensch habe sich die erde untertan gemacht mit dem wort eines bilbischen gottes und würde nun erzittern vor seiner eigenen schöpfungskrat und der fähigkeit häuser zu bauen, die in den himmel ragen, mithilfe der dampfmaschine in kürzester zeit weite strecken hinter sich zu bringen und der perspektive mithilfe von elektrizität die nacht zum tage zu erhellen.

die polemik wäre noch tragender, dachte ich mir, wüsste der schreiber über raumfahrt und computer, über bilder aus dem all mit ganzen erleuchteten kontinenten.. erleuchtet ja, durch elektisches licht. die ehrfurcht vor dem, ja die angst vor dem menschlichen leben ließe sich aus der perspektive unserer welt etwa nur 250 jahre später unvergleichbar deutlicher formulieren, mit dem zusatz, dass es sich hierbei nicht wirklich um schöpfunhskraft handelt sondern um gier und einer damit einhergehenden nachhaltigen zerstörung.

ich denke um das jahr 1800 schien es noch nicht so offensichtlich, welche ausmaße diese entwicklung haben würde.

nein, mir ging ein anderes licht auf, und ich musste nur über diesen einen satzt so lange nachdenken, bis mir die augen verschwammen und die fenster und tische und stühle, ja die regale mit all ihren büchern schwindelig wurden, verschwammen und schließlich nurnoch wie im traum erschienen, als würde ich durch mich zu ihnen herüber schauen aus einer wirklich weit entfernten welt.

der mensch und seine natürliche angst vor dem leben.

vor dem irdischen leben.

ein kurzes märchen zog in meiner vorstellung vorbei begleitet von nur diesem einen motiv.. gewinnst du das herz eines drachen verstehst du die sprache der pflanzen und tiere, worauf die ritter und stolzesten helden auszogen sie zu erschlagen und ihnen die herzen heraus zureißen, ohne auch nur dem flüstern des windes zuzuhören über den dampfenden strömen aus blut, die sich knisternd in glänzenden stein verwandelten, während sie in der erde versiegten, einem lied über das leben.

die geschichte ist so alt und verbraucht wie ein ausgelatschter schuh.

ich komme in meinen traum zurück in eine welt jenseits der drachen, in einen traum von der wirklichkeit.

der mensch hatte eigentlich schon immer mehr angst vor dem harmlosen wurm als vor der schlimmsten bedrohung, sich selbst. seit die menschheitsgeschichte denken kann, wird erzählt von der notwendigkeit die natur zu bändigen und das land oder wälder urbar zu machen, was nichts anderes bedeutet als ersteinmal alles leben auszulöschen, die erde aufzureißen und umzugestalten, oder gefährliche tiere zu töten und zu vertreiben, bäume zu fällen, wege zu bereiten und lichtungen anzulegen von denen es für das wild bei der jagt kaum einen ausweg gibt erfolgreich zu fliehen.

da, wo der mensch auftaucht, vernichtet er irdisches leben, und der gedanke beißt sich fest, dass es eben diese angst vor dem leben ist, die ihn dazu bewegt.

dabei stellt sich gerade die frage, ob der mensch angst davor hat ein irdisches leben zu führen und sich deshalb immer wieder in die seltsamsten abstraktionen seiner körperlichen und sinnlichen wirklichkeit flieht, oder ob er angst hat vor all den pflanzen und tieren, die auf ihn bedrohlich wirken, und wenn sie auch noch so harmlos sind.

das gute und schöne einer blüte findet für ihn nur die erfüllung im tod, und wenn er sich seiner kraft bedient um etwas zu essen zu finden, wird er sich nicht mit weniger zufrieden geben als mit dem stolzesten tier, dem größten pilz und der süßesten frucht. nicht etwa weil er das schöne liebt, sondern um das große und schöne, um das vollkommene in der natur zu vernichten, um sie klein und gewöhnlich zu machen, leicht zu unterwefen, leicht zu formen und leicht nach seinem bild zu gestalten.

alles, was sich dieser freiheit entzieht wird zertreten, und zwar nicht aus hass sondern mit einer erschütternden furcht und abscheu, mit einer gänsehaut im gesicht und auf dem rücken und einem hysterischen kreischen im mund wie der unwiederstehlichen neigung nichteinmal hinzusehn.

ihh mach es tot

ist eine kriegserklärung an die welt, die sie doch mit einer großen gelassenheit hinnimmt, und sei es das letzte unscheinbare irdische leben.

die tür und leise schritte rütteln mich auf und holen mich zurück in den leeseraum, in dem ich inzwischen seit einigen stunden sitze und aus dem fenster schaue. ich sehe wie sich die wolken über den blauen himmel bewegen und erlaube meiner phantasie darin etwas ruhiges und friedliches zu finden.

ist es das letzte biest am himmel, der letzte ungezähmte drache, wie indianer im angriff auf eine befestigte siedlung im westen, wie gewitterwolken reiten sie auf dem sturm die engel aus licht und weißem schaum, die wogen einer brandung.. in was für eine welt wurden wir geworfen!

wie fremdartig das alles auf mich wirkt, dieser himmel, diese wolken, es erscheint mir wie der verlust einer realität, was ist noch traum, was wieder wirklichkeit. ich stehe auf und gehe zum fenster, der lesesaal hat sich inzwischen gefüllt, irgendwo da hinten geht die sonne langsam unter und hüllt meine sinne in goldenes licht. es ist dieses licht, es ist diese sonne, die mir etwas wirklich vertrautes vermittelt, als hätte ich sie schon millionen mal so gesehen und doch nie erkannt, was für eine gewaltige kraft in ihr steckt, die all das hier in bewegung hält, verbrennt und wieder auferstehen lässt. untergeht und uns im ungewissen lässt.

ich spüre im herzen die wärme des lebens, den duft der kommenden nacht, ein feuchter schrei aus der kehle von liebenden, der über unsere sterne lacht.

wir sehen sie kaum mehr, die sterne, wir wandeln unter einer kuppel aus leuchtendem dunst unter einer lampe im zigarettenrauch. die sonne färbt sich in rotes gold, die herbstlichen blätter fallen, die welt steht in flammen und wir baden in ihrem licht.

führen die menschen krieg seit tausenden von jahren und reißen sich gegenseitig in stücke auf die furchtbarste weise aus angst vor dem leben, was ist es, was uns solche angst macht, das uns erbeben lässt und diese qualen wie eine erlösung erscheinen, haben wir nicht vielmehr angst vor dem tod als vor einem schlechten und leidvollen dasein, haben wir nicht vielmehr angst vor dem wurm, der an unseren leichen frisst, als vor dieser unsagbaren grausamkeit!